exemplarisch
Über 450 Werke aller Genres hat Paul Dessau hinterlassen, doch kaum eines findet heute noch Beachtung und Eingang in das Konzertleben. Das umtriebige Ensemble Avantgarde beendet diese Tristesse nun mit einem beachtlichen Querschnitt durch das kammermusikalische Schaffen des Komponisten, dessen zerrissener Lebenslauf auffallend die Umbrüche und Errungenschaften des 20. Jahrhunderts widerspiegelt.

bravourös
Mit dem Concertino in der ungewöhnlichen Besetzung für Solo-Violine mit Flöte, Klarinette und Horn erzielte der junge Dessau bereits 1925 große Erfolge, sogar ein Kompositionspreis wurde ihm dafür zuerkannt. Dessau wollte selbst eigentlich auch Geiger werden - Gewandhauskonzertmeister Andreas Seidel meistert den mitunter aberwitzig virtuosen Solopart mit Bravour. Die sehr eigene Verbindung von linearem Stil eines Hindemith mit der expressiv-komplexen Harmonik des frühen Schönberg kennzeichnet die individuelle Tonsprache des jungen Komponisten.

verwurzelt
Seine jüdischen Wurzeln entdeckte Dessau erst im erzwungenen Exil in den 1930er Jahren; dort begann er auch, sich als „politischer“ Komponist zu verstehen. Die „Jüdischen Tänze“ sind ebenso wie „Guernica“ nach Picassos berühmtem Gemälde Ergebnisse dieser Entwicklung. Und auch in der Suite für Saxophon und Klavier hat die gehetzte Gefühlslage nach der Entwurzelung im wortwörtlich atemlosen Satz deutliche Spuren hinterlassen.

anschaulich
Als Dessau nach dem Krieg in das vermeintlich bessere Deutschland im Osten zurückkehrte, eckte er im Spagat zwischen politischer Anpassung und künstlerischer Freiheit immer wieder an. Zunehmend widmete er sich dem Musizieren mit Kindern; die „Variationen“ und die „Grasmückenstücke für Mücke Gras“ geben besonders schöne Beispiele, wie attraktiv gute Musik auch mit pädagogischem Anspruch sein kann.