Nachleben
Kaum ein anderer deutscher Komponist der
Gegenwart ist so produktiv und vielfältig wie Wolfgang
Rihm. Sein Werkverzeichnis reicht beinahe an die
Dimensionen von Bach und Mozart heran. Andreas
Seidel und Steffen Schleiermacher sind nicht minder
fleißig. Die beiden gebürtigen Hallenser haben jetzt
drei Werke von Rihm, das Gesamtwerk für Violine
und Klavier und ein Klavierwerk aus den Jahren 1992
bis 1994 aufgenommen.
Parallelwelt
Die Stückphantasien „Phantom und Eskapade“
komponierte Rihm als Auftragswerk für Anne-Sophie
Mutter. Kurz zuvor hatte er für sie - ebenfalls im
Auftrag von Paul Sacher – ein Violinkonzert
geschrieben. Kammermusik als Nebenprodukt des
Orchesterwerks? Für Rihm nicht untypisch. Er liebt
das Recycling eigener Ideen und setzt sie wie ein
Puzzle immer wieder neu zusammen.
Blickwinkel
„Antlitz“ ist ein weiteres Stück für Violine und Klavier.
Rihm nennt es eine „Zeichnung“, ein „auf die Fläche
verwiesener Raum: fragil und durchlässig mit zarten
Strichen, zuweilen wie nachgezogen, Schatten
werfend ...“ Faszinierend ist, wie in der Wiedergabe
durch Andreas Seidel und Steffen Schleiermacher
diese Zeichnung in quasi dreidimensionaler Gestalt
erfahrbar wird. Entstanden ist das Werk im
Zusammenhang mit dem Tod des befreundeten
Malers und Bildhauers Kurt Kocherscheidt.
Metamorphose
Die „Nachstudie“ ist ursprünglich der Klavierpart von
Sphère – Kontrafaktur mit Klavier-Gegenkörper und
damit Teil eines Orchesterwerks. Wolfgang Rihm hat
die Klavierstimme leicht modifiziert und separat
veröffentlicht. Später sollte eben diese Klavierstimme
zur Keimzelle für Hinzufügungen mit verschiedensten
Instrumenten werden, ein spannender Prozess immer
neue Werke zu schaffen, der vermutlich immer noch
nicht abgeschlossen ist.