Entdeckung
Ives, Buck, Gershwin, Parker, Rogers… Die meisten
amerikanischen Komponisten um die Wende zum 20.
Jahrhundert waren selbst äußerst talentierte Virtuosen
und haben in der Regel für eigene Nutzung äußerst
wirkungsvolle Werke für ihr Instrument verfasst. Dass
diese heute zu Unrecht nahezu vollständig vergessen
sind, zeigt der Konzertorganist Rudolf Innig mit einer
vielfarbigen und spannenden Auswahl von Originalwerken
und Arrangements auf seiner neuesten
SACD, die gleichzeitig mit der monumentalen
Walcker/Aeolian-Skinner-Orgel in Methuen Massachussets
bekannt macht.
Entfernung
Ganz natürlich geht der Blick zurück in die „Alte Welt“:
Dudley Buck studierte in Leipzig, Dresden und Paris,
James H. Rogers in Paris bei Guilmant und Widor und
Horatio Parker in München bei Rheinberger. Charles
Ives und George Gershwin, die beiden Jüngsten,
allerdings können sich von der europäischen
Übermacht emanzipieren und schaffen, jeder auf
seine Art, etwas ganz Neues, eben echt
Amerikanisches.
Entwicklung
Variations on ´America´ komponierte Ives im Alter von
17 Jahren: Ein Geniestreich, der die Musik, und nicht
nur die amerikanische, weit ins 20. Jahrhundert
katapultierte. Weit vor den europäischen Größen
verwendet er Polyrhythmik und Bitonalität; „as fast as
the pedals can go“ als Spielanweisung spricht für sich.
Gershwins „Rhapsody in blue“ verschmilzt die
klassische europäische Sinfonie mit uramerikanischem
Jazz. Innigs Transkription ist eine großartige
Huldigung an die herausragende Bedeutung der Orgel
für die Entwicklung einer eigenständigen amerikanischen
Musik.
Entfaltung
Bereits mit Orgelwerken von Horatio Parker hat
Rudolf Innig sein Gespür für die Besonderheiten der
amerikanischen Orgelmusik unter Beweis gestellt. Die
Orgel der Methuen Memorial Music Hall ist dafür ganz
besonders geeignet: Von Walcker ursprünglich für die
Boston Music Hall gebaut, musste sie schon bald dem
neugegründeten Boston Symphony Orchestra
weichen, um später in einem eigens für das
Instrument konzipierten Konzertsaal wieder zum
Klingen zu kommen. Erhaben entfalten sich die
großartigen 86 Register im dreidimensionalen Klang
der 2+2+2-Aufnahme; eine musikhistorische Lehrstunde
mit Suchtpotenzial!