Überraschung
Steffen Schleiermacher und Andreas Seidel haben aus
allen Schaffensperioden Feldmans Stücke für Violine
und Klavier zusammengetragen. Der Bogen reicht vom
frühen „Piece for Violin and Piano“, mit dem sich
Feldman in die New Yorker Musikszene einführte, bis
zum späten – eine CD für sich alleine
beanspruchenden - „for John Cage“. Es ist eine
Hommage an den Freund, dessen Vorliebe für das
Unvorhergesehene natürlich in der Partitur ihren
Niederschlag findet...
Kurzweil
„Ich saß einfach da und benahm mich.“ Kein Enfant
Terrible, kein Bad Boy, und dennoch machte Morton
Feldman so ziemlich alles anders als seine
Zeitgenossen. Zu einer Zeit, in der serielle
Kompositionstechniken als letzter Schrei gelten,
schreibt er Stücke in dynamischem Schwarz-Weiß.
Später, während die amerikanischen Minimalisten ihre
Patterns in motorischer Rhythmik hämmern, bilden sie
bei Feldman eine klanglich subtile Welt voller Nuancen
und Farben. Und er nimmt sich viel Zeit: „for John
Cage“ ist unter den späten Werken mit knapp 80
Minuten Dauer eines der kürzeren…
Anknüpfung
Die „Stimmung“ eines Werks ist für Morton Feldman
von zentraler Bedeutung, sei es in bildender Kunst,
Literatur oder Musik. Anatolische Teppiche faszinieren
ihn besonders. Und wie ein anatolischer
Teppichknüpfer Jahrhunderte alte Motivmuster aus
dem Gedächtnis reproduziert, so komponiert Feldman
sein Spätwerk: Aus der Erinnerung werden Motive
wiederholt, zufällige Abweichungen nicht suchend oder
vermeidend, sondern akzeptierend. Auch das gibt es:
In „Extensions 1“ wird durch ständige Steigerung des
Tempos auch die virtuose Qualität der Ausführenden
gefordert.
Selbstlaut
Mit untrüglichem Gespür erfüllt Steffen Schleiermacher
Feldmans karge Partituren mit Leben. Gemeinsam mit
Andreas Seidel gelingt ihm ein beeindruckendes
Panorama, und in „piece for four pianos“ musiziert er
gar mit sich selbst im Quartett: Wunder der Technik
und ein sinnliches Klangerlebnis der besonderen Art.