Spielraum
Max Reger gilt als der bedeutendste deutsche Komponist für Orgelmusik seit Bach. Besonderen Anteil daran haben seine groß angelegten Choralfantasien, die, ohne historische Bezüge zu verleugnen, eine völlig neue formale wie harmonische Dimension in der Musik eröffnen. Der ungarische Virtuose Balázs Szabó hat für seine Neueinspielung aller sieben Fantasien drei herausragende Instrumente in Wien, Giengen und Zürich ausgewählt, die eine rasante Entwicklung des modernen Orgelbaus zu Regers Zeiten dokumentieren.
Bastion
Überraschend ist Regers erste Fantasie über „Ein feste Burg ist unser Gott“. Aber nicht die Verwendung des protestantischen Kampfchorals führte zur Exkommunikation des Katholiken, sondern die Heirat mit der geschiedenen – und überdies noch evangelischen - Baronesse von Bercken. Regers unabhängiger Geist deutet in Anlehnung an die barocke Choralpartita Luthers Choral Strophe für Strophe aus: Herausragend das pandämonische Chaos bei „Und wenn die Welt voll Teufel wär“! Wie weit Reger sich vom Modell der Choralpartita entfernte, zeigt „Alle Menschen müssen sterben“: Wie in der Symphonischen Dichtung führen freie Erinnerungsmotive zu einer sehr subjektiven Textausdeutung mit fulminanter Steigerung.
Pate
Regers Orgelmusik ist kaum denkbar ohne Karl Straube. Der spätere Thomaskantor war der überragende Orgelvirtuose seiner Zeit und ein kongenialer Partner für Regers ausufernde, spieltechnische Höchstschwierigkeiten erfordernde harmonische Vorstellung. Straube war es auch, der die meisten der Orgelwerke seines Freundes aus der Taufe hob und vom Vorurteil der Unspielbarkeit befreite.
Multitalent
Mit seinen gerade einmal 30 Jahren kann Balázs Szabó bereits auf eine beeindruckende Vita zurückblicken. Ausgebildet in vier europäischen Ländern und mit internationalen Auszeichnungen überhäuft, widmet sich der inzwischen auch als Musikwissenschaftler promovierte Szabó zusätzlich der Restauration historischer Instrumente.
Luftraum
Szabó hat die für die Regersche Musik passenden Instrumente sorgfältig ausgewählt: Die Walcker-Orgel der Wiener Votivkirche hat mechanische Kegelladen und stammt von 1878 – mit pneumatischer Kegellade präsentiert sich die Gebr. Link-Orgel in Giengen von 1906 und die Kuhn-Orgel mit pneumatischen Taschenladen von 1914 in St. Anton, Zürich. Sie präsentiert sich heute auch mit dem schon ursprünglich vorgesehenen Fernwerk, das hinter dem Altar eingebaut ist und dank der 2+2+2 Aufnahme bei Mehrkanalwiedergabe mit sehr feinen Raum-wirkungen vorteilhaft genau von dort hörbar ist.