Die Audiomax-Dokumentation niederländischer Cellosonaten entwickelt sich zu einer wichtigen Trouvaillen-
Sammlung. Vol. 3 präsentiert vier Werke von Jan Ingenhoven (1876–1951) und Matthijs Vermeulen
(1888–1967), zwei Komponisten, die interessanterweise unabhängig voneinander Anfang des 20.
Jahrhunderts gegen das tradierte Musikleben ihrer Heimat aufbegehrten und in Frankreich nach neuen
Ausdrucksformen für niederländische Musik suchten.
Trouvaillensammlung
Jan Ingenhoven begann eine vielversprechende Karriere als Dirigent des Münchner Orchestervereins und
des Philharmonischen Orchesters. Seine erste Komposition schrieb er als Autodidakt. Er nahm aber in
seiner Münchner Zeit auch bei Felix Mottl Kompositionsunterricht. Wohl so erfolgreich, dass er sich fortan
nur noch aufs Komponieren besann. Die nötige Ruhe dafür und den Abstand zu seiner Heimat fand er in
Saint-Cloud bei Paris. Hier entstanden 1919 und 1922 auch seine Cellosonaten. Mit „tönender Tonalität“
und stark vorwärts treibendem Klangstrom begegnete Ingenhoven mit seinen Kompositionen der
„niederländischen Behäbigkeit“ jener Zeit. Kein Wunder, er lernte natürlich die Musik von Claude Debussy
kennen und sie blieb nicht ohne Einfluss auf seine Schreibweise.
Es war der Tod von Claude Debussy im Jahr 1918, der den 30-jährigen Matthijs Vermeulen zu seiner
ersten Cellosonate inspirierte. Vermeulen hatte eine Ausbildung in Amsterdam absolviert und sich eher
dem großen sinfonischen Repertoire zugewandt, bevor sein Interesse an der kammermusikalischen Form
wuchs. Es muss eine glückliche Zeit gewesen seine. Eine intensive Liebe und das herbeigesehnte Ende des
ersten Weltkriegs regten ihn zu einem vollendeten Werk innerhalb weniger Monate an. Seine Hoffnung, in
Frankreich ein für ihn positiveres musikalisches Klima anzutreffen, sollte sich erfüllen. Durch zahlreiche
erfolgreiche Aufführungen seiner Werke und Lobeshymnen aus berufenem Munde – darunter von Nadia
Boulanger - motiviert, komponierte er seine zweite Cellosonate, die im August 1938 vollendet wurde. Bei
ihrer Uraufführung im Juni 1943 zeigte sich der Komponist entsetzt: Die Interpreten hatten den
Schwierigkeitsgrad des Werkes unterschätzt. Heute wissen wir, dass Vermeulen Ende der dreißiger Jahre
eine der schönsten, aber auch schwierigsten Cellosonaten seit Debussy geschrieben hatte.