begabt
Joachim Raff war Autodidakt. In der Schweiz aufgewachsen, versuchte er sich zunächst mit mäßigem Erfolg an zahlreichen Orten als Komponist von Salonstückchen. Franz Liszt wurde auf die Begabung des jungen Mannes aufmerksam und stellte ihn als eine Art Privatsekretär ein. In Weimar instrumentierte Raff einige der frühen Sinfonischen Dichtungen Liszts und gewann dessen Wertschätzung. Dass die nicht von ungefähr kam, zeigt diese Ersteinspielung des Leipziger Streichquartetts. Die beiden ersten Quartette Raffs sind großformatige Werke, die große Ambitionen erkennen lassen.

bewundert
Als Raff 1855 sein erstes Quartett komponierte, begann er bereits, sich von Liszt und der Enge dessen Freundeskreises zu emanzipieren. Der „Neudeutsche Verein“ war gerade gegründet, da verließ Raff ihn Richtung Wiesbaden, in finanziell unsichere Verhältnisse, aber künstlerische Unabhängigkeit. Und tatsächlich lässt sich Raffs Musik weder in die „neudeutsche“ noch in die „brahmsische“ Schublade stecken – vielleicht der Grund dafür, dass er von so unterschiedlichen Kollegen wie Richard Strauss, Peter Tschai-kowsky oder eben Franz Liszt bewundert wurde.

bestimmt
Sein erstes Quartett op. 77 wurde von dem berühmten Hellmesberger-Quartett uraufgeführt, die schon Franz Schubert und dem späten Beethoven das Podium bereitet hatten. Auch das zweite Quartett op. 90 nahmen die Wiener schnell in ihr Repertoire. Zukunftsweisend ist die Abkehr von einem harmonisch fest gefügten Formschema; Chromatik und freie Harmonie gewinnen über schulmeisterlichen Kontrapunkt die Oberhand.

beachtet
Selbstvermarktung war Raffs Sache nicht. Im Privaten ziemlich spröde, trat er kaum öffentlich auf, obwohl er ausgezeichnet Klavier spielte. Auch verschenkte er seine Werke eher, als dass er angemessene Honorare aushandelte. Als Gründungsdirekter des Hoch´schen Konser-vatoriums in Frankfurt genoss er dennoch unter den Zeitgenossen große Anerkennung. Diese in unserer Zeit neu zu entfachen, ist die Neueinspielung des Leipziger Streichquartetts ein hochwillkommener Anfang.