Ein leiser, lang ausgehaltener Basston, eine besinnliche Sopransaxophon-Kantilene als
Überschrift. Nun setzen einzeln getupfte Gitarrenklänge mit Pizzicato-Bass den Groove für eine
Klangfolge, die sich in den Weiten des Konzertsaales der ehrwürdigen Abtei Marienmünster
schwerelos ausbreitet und sich vielfältig reflektierend schier unendlich fortsetzt: „Continuum“
heißt dann auch das Programm, mit dem Jazz’N’Spirit bei Audiomax/Berthold Records
debütiert…
Klassische Jazzimprovisationen über Renaissancelieder
Die drei Musiker Dirk Piezunka (Saxophon), Martin Flindt (Gitarre) und Jens Piezunka
(Kontrabass) sind in der norddeutschen Jazzszene längst keine Unbekannten mehr. Sie haben
sich als Basis für ihre sensible Improvisation im reichen Angebot der alten Psalmen, der
Kirchenchoräle und der weltlichen Musik der Renaissance umgehört. Da wird Schütz, Praetorius
und Dowland ebenso selbstverständlich als Vorlage genutzt, wie die Lieder von Martin Luther
und Paul Gerhard.
Und wenn dann die erste Strophe der Pavane von 1589 „Belle, qui tiens ma vie captive dans tes
yeux“ in völlig unbegleitetem Gesang solistisch vorgetragen wird, ergibt sich plötzlich eine völlig
neue Klangdimension in diesem so minimalistisch auftrumpfenden Ensemble, die mit ihren
Instrumenten wie nebenbei auch feinste Rhythmusstrukturen modellieren.
Und noch eine Überraschung bietet dieses Album: Hier wird nicht mit megawattierten
Lautstärken operiert, vielmehr erklingen die Instrumente völlig natürlich im Normalzustand ihrer
eigenen akustischen Identität. Und so sind es vor allem die eher leisen Töne, aus denen sich
unmerklich Klangstrukturen offenbaren, die im allgemein üblichen Lautsprechersound zu leicht
eingeebnet werden, hier aber in ihrer dynamischen Entwicklung unmittelbar unter die Haut
gehen. Und wer Gelegenheit hat, diese Super Audio CD auf einer Mehrkanalanlage zu erleben,
der wird ihrem unmittelbaren Sog innerhalb kürzester Zeit erst recht völlig erliegen.