Alleskönner
Für seine Einspielungen französischer Orgelromantik
wurde Ben van Oosten mit Auszeichnungen und Ehrungen
regelrecht überhäuft, sogar den Ritterschlag hat er
erhalten. Umso interessanter ist ein inzwischen geradezu
historisches Klangdokument, das MDG jetzt erstmals auf
CD veröffentlicht: Vier Orgelwerke von Johann Sebastian
Bach, die der niederländische Virtuose mit gerade einmal
28 Jahren an der Orgel der Grote Kerk zu Breda für die
Langspielplatte aufgenommen hat. Quod erat
demonstrandum: Van Oosten kann auch Bach.
Pfeffersäcke
Mit Fantasie und Fuge g-Moll BWV 542 hat van Oosten
einen wahrhaft prachtvollen Anfang gewählt. Man kann
sich vorstellen, dass die Berufungskommission der
Hamburger Jacobikirche erschüttert war, als Bach selbst
das Werk zur Bewerbung um die dortige Organistenstelle
spielte. An der „Kaffeewasserfuge“ lag es sicher nicht,
dass Bach die Stelle nicht antrat – er zog seine Bewerbung
zurück, als er erfuhr, dass die geschäftstüchtige
Hamburger Bürgerschaft bei Amtsantritt die Zahlung
einer größeren Geldsumme erwartete…
Multitasking
Die sechs Triosonaten gehören zu den absoluten Höhepunkten
in Bachs umfangreichem Werk. Überaus kunstvoll
übernimmt die Orgel die drei selbständigen Stimmen,
die sonst mehreren Instrumenten zugeteilt werden – eine
zu Bachs Zeiten immer noch sehr beliebte Form der
Kammermusik. Von den drei zweifellos authentischen
Partiten hat sich Ben van Oosten mit BWV 768 die umfangreichste
und tiefstgehende ausgesucht – überaus
hörenswert, wie er den komplexen Aufbau des Werkes
zum Klingen bringt!
Spannungsteiler
Und dann wird es doch noch ein wenig französisch:
Marcel Dupré hat die Sinfonia der „Ratswahlkantate“, die
Bach wiederum aus dem Präludium der E-Dur-Partita für
Violine solo gewonnen hat, auf die Orgel übertragen.
Unter Ben van Oostens flinken Händen wird daraus ein
echtes Orgelkonzert, dessen beeindruckender Energiestrom
nie enden zu wollen scheint. Die viermanualige
Orgel der Grote Kerk zu Breda, die aus der Kombination
mehrerer historischer Orgeln entstanden ist, tut das Ihrige
dazu: Ein klangliches Großereignis, schon damals
von MDG in feinster Digitaltechnik aufgezeichnet, das bis
zur letzten Sekunde fesselt