laut
Lautstark traten die Futuristen in Italien am
Vorabend des Ersten Weltkriegs auf. Manifest über
Manifest erschien, alle Gewalt, ja sogar der Krieg
wurde verherrlicht, Anarchismus, Frauenverachtung
und die Zerstörung alles Hergebrachten gepredigt.
Mit dabei auch einige Komponisten, deren Werke
zuweilen in erstaunlichem Kontrast zu den
Pamphleten stehen, wie Steffen Schleiermachers
jüngste Entdeckung unter Beweis stellt. Große
Musik entstand dennoch – oder gerade deswegen?
stark
Den Auftakt liefert Francesco Balilla Pratella,
erklärter Favorit des „Oberfuturisten“ Marinetti und
selbst Verfasser eines futuristischen Manifests.
„Kampf“ aus der Trilogie „Erwartung – Kampf –
Sieg“ könnte denn auch programmatisch für die
futuristische Musik stehen – wenn es nicht ganz
anders gekommen wäre. Schon die „Preludi
autunnali“ von Gian Francesco Malipiero enthalten
mit herbstlicher Melancholie mehr Anklänge an
Debussy und Ravel denn an Krieg und Zerstörung.
heiß
Umfangreichstes Werk auf der CD ist Alfredo
Casellas „A notte alta“. Und tatsächlich weckt das
Stück allerhand Assoziationen an eine
schwülheiße Mittelmeernacht – inklusive eines
erotischen Abenteuers, das Casella komponiert zu
haben behauptet; das darf der Hörer selbst
entdecken… Alberto Savinio, heute allenfalls als
Dichter oder Maler bekannt, liefert mit „Les Chants
de la Mi-Mort“ eine anspielungsreiche, überaus
unterhaltsame Collage; schade, dass die
Orchesterversion nicht mehr fertig wurde!
fein
Drei kurze, karikaturhaft pompöse Stücke von Silvio
Mix beschließen Steffen Schleiermachers Streifzug
durch die musikalische italienische Avantgarde;
dass neben überraschenden Erkenntnissen auch
klangliche Raffinesse nicht zu kurz kommt, dafür
sorgen der schon legendäre Steinway-Konzertflügel
„Manfred Bürki“ aus dem Jahr 1901 und
Schleiermachers untrügliches Gespür für die feinen
Nuancen – entdecken sie mit!