Spiegelreflex
In Hans Werner Henzes drei Violinkonzerten spiegelt sich
ein Lebenswerk: Das erste entstand während seiner
Studienzeit, das zweite repräsentiert diejenige Phase, in der
sich der Komponist dezidiert politisch engagierte, und das
dritte ist zugleich das bislang letzte konzertante Werk, das
Henze schrieb. Auf dieser Doppel-CD sind alle erstmals
komplett eingespielt – von Torsten Janicke und der
Magdeburgischen Philharmonie.
Kontaktabzug
Henze Violinkonzert Nr. 1 entstand im Sommer 1947.
Unbelastet von kompositorischer Detailkenntnis und
lediglich getragen von der Sehnsucht nach
„weitgeschwungenen, zarten Kantilenen und gepflegten
Klängen“ wandte der junge Henze die Zwölftontechnik an –
die er nur aus Bergs Violinkonzert und vom Hörensagen
kannte. Dementsprechend versöhnlich geht Henze mit dem
Hörer um: Der erste Satz endet in einem verträumten cis-
Moll-Akkord...
Farbmanagement
Musikgeschichtlich meilenweit entfernt steht das 1971
komponierte 2. Violinkonzert für Sologeiger, Tonband,
Baßbariton und 33 Instrumentalisten unter Verwendung des
Gedichts ‚Hommage à Gödel’ von Hans Magnus
Enzensberger – das Theater hält Einzug in das
Instrumentalkonzert: Der Solist betritt, nachdem das
Orchester schon begonnen hat, eilig die Bühne, in einem
„wehenden, schwarzen Frackmantel, rot gefüttert“ und mit
einem befedertem Dreispitz auf dem Kopf...
Fixiersalz
1997 vollendete Henze sein 3. Violinkonzert – Drei Porträts
aus dem Roman ‚Dr. Faustus’ von Thomas Mann. Der
Szenerie entsprechend komponiert Henze „saftige“ Musik:
laszive Terzen- und Sextenklänge, Wiener Lieder, Tangos,
aber auch unschuldige Kinderlieder und ein virtuoses
Bravourstück, voller Fallstricke für den Solisten.
Schärfentiefe
Torsten Janicke ist ein Vertreter der berühmten „Dresdner
Streicherschule“. Der Virtuose errang bei internationalen
Wettbewerben Preise und Auszeichnungen, so beim Bach-
Wettbewerb in Leipzig 1980, beim Violin-Wettbewerb Tibor
Varga in Sion 1985, beim Violinwettbewerb von Indianapolis
1986 und beim ARD-Wettbewerb in München 1988. Im
Jahre 1982 engagierte das Rundfunk-Sinfonie-Orchester
Leipzig den erst 24jährigen als Konzertmeister. Heute ist er
Konzertmeister des Gürzenich-Orchesters Köln.
Im Laufe ihrer Geschichte hat die Magdeburgische
Philharmonie mit zahlreichen renommierten Dirigenten
zusammengearbeitet, unter ihnen Richard Strauss und
Hans Pfitzner. Das breite Repertoirespektrum, das von
Telemann-Interpretationen in historischer Aufführungspraxis
bis zur Welturaufführung von Hans Schanderls Oper Der
Maschinist (EXPO Hannover 2000) reicht, spricht für die
hohe Flexibilität des Klangkörpers.