auswärts
Lieder aus dem amerikanischen Exil stehen auf
dem Programm der dritten Folge von Holger Falks
und Steffen Schleiermachers verdienstvollem und
jetzt bereits preisgekröntem Eisler-Projekt. Mit
seinen insgesamt 32 Werken ist das „Hollywooder
Liederbuch“ schon vom Umfang her beachtlich; die
Konzentration und inhaltliche Verdichtung, zu der
Hanns Eisler hier an der Pazifikküste gelangt,
machen darüber hinaus aus der eher lockeren
Ansammlung von Gelegenheitsstücken den wohl
bedeutendsten Liedzyklus des 20. Jahrhunderts.
heimwärts
Anders als viele andere Exilanten war Eisler in
Kalifornien künstlerisch wie wirtschaftlich äußerst
erfolgreich; die wachsende Unterhaltungsindustrie
verlangte nach immer neuer Filmmusik – und Eisler
lieferte so bereitwillig wie zuverlässig. Seine Lieder
zeigen die andere Seite des Lebens in der Fremde:
Sehnsucht nach der Heimat, das Sich-nichtabfinden-
wollen, die Unsicherheit der Existenz im
Exil: Wieder einmal liefert Bertolt Brecht einen
großen Teil der eindringlichen Texte.
seitwärts
Und es gibt auch Kuriositäten: Die zwei Lieder auf
Texte von Blaise Pascal vertont Eisler in einer
englischen Übersetzung, die ihm in seinem Domizil
zufällig in die Hände fiel; eine geradezu
balladenhafte Version von Goethes „Schatzgräber“;
einige Fragmente nach Anakreon, in deren textliche
Urgestalt Eisler bis zur Verdrehung des Inhalts
skrupellos eingreift. Die berühmten sechs
„Hölderlin-Fragmente“ entstehen hier ebenso wie
die sieben Elegien, die heute zu Eislers
bekanntesten Liedern gehören.
aufwärts
Umfang und Zusammensetzung des „Hollywooder
Liederbuchs“ sind nicht ganz eindeutig; die heute
übliche Anordnung von 32 Liedern wurde erst 1982,
40 Jahre nach Eislers Tod, erstmals vollständig
aufgeführt. Holger Falk und Steffen Schleiermacher
ergänzen diesen gewaltigen Zyklus um einige
Stücke aus dem zeitlichen und inhaltlichen Kontext.
Mit tiefer Anteilnahme, jedoch ohne naheliegendes
Pathos oder erbaulichen Kitsch entsteht eine
zutiefst berührende Sternstunde des Liedgesangs.