geheimnisvoll
Wer war Giacinto Scelsi? Steffen Schleiermacher
begibt sich wieder einmal auf die Spurensuche und
entdeckt völlig neue Seiten an diesem Sonderling, der
aus seiner Biografie ein Verwirrspiel machte und sich
keinen Deut um kompositorische Konvention
kümmerte. Bis in die 1950er Jahre hinein stand
Klaviermusik im Zentrum von Scelsis Schaffen. Dabei
entzog er sich ganz bewusst dem avantgardistischen
Mainstream seiner Zeit.
orgiastisch
Steffen Schleiermacher hat sich zwei Suiten
ausgesucht, deren rätselhafte Titel auf fernöstliche
Kulturen verweisen und doch gegensätzlicher nicht
sein könnten. Der Untertitel von Suite Nr. 8 „Bot-Ba“
erwähnt tibetische Tänze und religiöse Rituale. Ob
Scelsi jemals Tibet besucht hat, ist mehr als
zweifelhaft. Und doch erzeugt seine Musik einen
orgiastischen Klangrausch, dessen fortwährender
Energiestrom nur an wenigen Stellen von dann umso
abgründiger wirkendem Stillstand unterbrochen wird.
enthaltsam
Ganz anders die 9. Suite „Ttai“: „Aufgeregte mögen
sich enthalten“ schreibt Scelsi zu dieser meditativen
Musik. Und ausdrücklich bezieht er sich auf den
„Klang des heiligen OM“, der meditative und
transzendente Erfahrungen begünstigen soll.
Beziehungen zwischen tonalen Zentren spielen in
beiden Suiten eine wichtige Rolle. In immer neuen
Umspielungen, Akkorden und Klangverbindungen
sind sie auch für das Publikum gut wahrnehmbar –
eine Provokation gegenüber der seriell orientierten
Darmstädter Avantgarde!
packend
Wie kaum ein anderer ist Steffen Schleiermacher
prädestiniert für die Interpretation von Scelsis Werk.
Angeregt durch das Studium der erst kürzlich
zugänglich gemachten Kompositionstonbänder,
gelingt dem Meister der zeitgenössischen
Klaviermusik ein Klangereignis, das den Hörer nicht
loslässt – wieder einmal eine faszinierende
Hörerfahrung!