Wege
Vom weltgewandten Dandy und Liebhaber der
Salons zum asketischen Geistlichen: Wohl
kaum ein anderer Künstler vollzog eine
annähernd so tiefgreifende Wandlung wie
Franz Liszt. In seinen „Consolations“ meint
man diesen Weg nachhören zu können:
Enttäuschte Liebe und fromme Wünsche,
abgrundtiefe Trauer und erlösende Hoffnung
finden sich in diesem Zyklus, den Pianistin
Julia Hermanski in einem aufregenden Debüt
für MDG präsentiert. Dass Liszt nicht nur
Tastenlöwe, sondern auch und vor allem ein
überaus sensibler Poet war: Wer das noch
nicht wusste, sollte diese Gelegenheit zur
Entdeckung keinesfalls versäumen!
Wagner
Wie Liszt selbst ist auch Julia Hermanski in der
Kammermusik zu Hause. Das tut ganz
besonders den intimeren Stücken dieser Super
Audio CD gut: Schuberts „Ständchen“, das
Liszt gleich mehrfach bearbeitete, verlangt
nach sensibelstem Klangempfinden, um die
zarte Einfachheit der Schubertschen Vorlage
nicht zu verletzten; und auch Rezitativ und
Romanze „O du, mein holder Abendstern“
nach Wagners „Tannhäuser“ setzen mehr auf
feinfühliges Nuancieren denn auf extrovertierte
Klavierakrobatik.
Wagen
Opernparaphrasen aus eigener Hand gehörten
zu Liszts ständigem Konzertrepertoire. Und da
geht es mitunter auch ordentlich zur Sache,
wie etwa in der „Tannhäuser“-Ouvertüre.
Deren pianistische Herausforderungen waren
Liszt sehr wohl bewusst: „…glaube ich, dass
sich wenige Spieler finden werden, welche ihre
technische Schwierigkeit meistern…“ schrieb
er an seinen Verleger. Julia Hermanski gehört
ganz offensichtlich dazu.
Wogen
Und auch im Erfinden eigener Geschichten
war Liszt ganz groß, wie bei der Ballade
h-Moll, die die antike Sage von Hero und
Leander nacherzählt. In dramatischer
Verdichtung steigert sich die Erzählung von
den zwei Königskindern, die durch das tiefe
Wasser des Hellespont getrennt sind, bis zum
tragischen Finale – ein rauschendes Klangfest
für Julia Hermanski, die dem Steinway
Konzertflügel „Manfred Bürki“ von 1901
Grandioses zu entlocken vermag.