Synthese
Franz Berwald war ein unabhängiger Geist – so
unabhängig, dass seine Zeitgenossen sich nicht
hätten träumen lassen, dass der gelernte
Violinist heute als der bedeutendste schwedische
Komponist des 19. Jahrhunderts gilt. Seine
individuelle und geradezu visionäre
Kammermusik entreißt das franz ensemble mit
einer brandneuen Einspielung nun dem
Vergessen - und fördert damit etwas auch
hierzulande im Wortsinn „Unerhörtes“ zu Tage.
Genese
Die äußerst konservative Kulturszene Stockholms
konnte vor gut 200 Jahren mit Berwald
nichts anfangen – und er nicht mit ihr. Als
Komponist weitgehend Autodidakt, instrumentiert
der Spross einer weitverzweigten Musikerdynastie,
wie es ihm in den Sinn kommt. Und so
entlädt der Pianist im Quartett für Klavier und
Bläser kein Tastengewitter à la Moscheles oder
Hummel, sondern fügt sich mit ein- und
zweistimmigen Linien in den Satz der Blasinstrumente
ein. Die Wirkung ist frappant.
Orthese
Und auch formal geht Berwald eigene Wege: In
der Mitte des Septetts, das er als gerade
20jähriger zu Papier brachte, verschränken sich
Scherzo und langsamer Satz zu einer
überraschenden Einheit. Zu Beginn der
Serenade muss der Tenor zunächst konstatieren,
dass Ruhe herrscht und man nun mit der
Musik beginnen kann… Kein Wunder, dass
Berwald mit solchen Experimenten keinen
Blumentopf gewinnen konnte; flexibel, wie er
war, verlegte er sich – ebenfalls autodidaktisch –
auf die Entwicklung orthopädischer Geräte,
betrieb eine Glasfabrik und eine Sägemühle.
Exegese
Das franz ensemble hat sich die Originalität
dieses sehr besonderen Komponisten zu Eigen
gemacht. Lustvoll spüren die Musiker den
fantasievollen Klängen nach und knüpfen damit
nahtlos an den Erfolg ihres fulminanten
Debütalbums an, für das sie soeben mit dem
begehrten OPUS Klassik ausgezeichnet wurden.