Spürsinn
Wenn nur wenige Musiker ein komplettes Orchester
ersetzen, zeigt sich die Qualität des Komponisten und
der Feinsinn des Arrangeurs. So geschehen bei äußerst
gelungenen Kammermusik-Bearbeitungen zweier
Sinfonien und zweier Ouvertüren von Felix Mendelssohn
Bartholdy für Klavier zu vier Händen, Violine und
Violincello, die erst jetzt für die Schallplatte entdeckt
wurden.
Vordruck
Mendelssohn hatte das Glück, dass schon seine
frühesten Kompositionen bei Hauskonzerten im
Familienkreis aufgeführt wurden. Selbst sinfonische
Werke wurden musiziert und „ausprobiert“. So existierte
von Mendelssohns erster Sinfonie schon jahrelang ein
eigenes Arrangement, doch sollte es noch viel länger
dauern, bis die beim Publikum äußerst beliebte
Orchesterfassung tatsächlich im Druck erschien.
Hintersinn
Im Normalfall waren Arrangements von Orchesterwerken
eine beliebte zusätzliche Einnahmequelle der Verlage.
Mendelssohns Verleger Breitkopf & Härtel ging noch
einen Schritt weiter und ließen erst die Schutzfrist nach
dessen Tod verstreichen, um sie dann in der für
Hausmusik so geeigneten Besetzung für Klavier zu vier
Händen, Violine und Cello als „Volksausgaben“ zu
publizieren. Der Qualität dieser Werke tut das allerdings
keinen Abbruch. Im Gegenteil: Die Arrangements der
Hebriden-Ouvertüre, der Reformations-Sinfonie und der
Ruy-Blas-Ouvertüre sind spieltechnisch äußerst
anspruchsvoll und gewähren dem Zuhörer einen ebenso
intimen wie faszinierenden Einblick in die
kompositorische Struktur.
Nachdruck
Nach der exzellenten Vorlage aller Streichquartette
komplettieren Andreas Seidel und Matthias Moosdorf,
die Frontleute des Leipziger Streichquartetts, zusammen
mit dem Pianisten-Duo Olga Gollej und Gerald Fauth die
Mendelssohn-Diskographie mit einer hochkarätigen
Einspielung auf außergewöhnlichem Niveau.