Urklang
Drei bedeutende Uraufführungen im Merseburger Dom
werden erneut hörbar: Michael Schönheit präsentiert auf
der historischen Ladegast-Orgel konzertante Werke von
Franz Liszt, Julius Reubke und Max Reger, die in den
Jahren 1856, 1857 und 1902 auf diesem Instrument
erstmals aufgeführt wurden. Die originalgetreue
Restaurierung dieses wichtigen Instruments des 19.
Jahrhunderts eröffnet Michael Schönheit den Weg zu einer
einfühlsamen, besonderen Interpretation, die die übliche
Hochglanz-Akrobatik absurd erscheinen lässt.
Urfassung
Eigentlich sollte die neue Domorgel am 26. September
1856 mit Franz Liszts „Praeludium und Fuge über BACH“
sogar eingeweiht werden. Da das Werk aber noch nicht
vollendet war, kam es acht Monate später zur
Uraufführung. Franz Liszt hat es so sehr auf das
Instrument zugeschnitten, dass er später, als das Werk in
der Stadtkirche „St. Peter und Paul“ in Weimar gespielt
werden sollte, eine zweite, deutlich unterschiedliche
Fassung schreiben musste.
Ursache
Als poetische Idee liegt der Psalm 94 dem hier
präsentierten Orgelwerk von Julius Reubke zugrunde, und
dennoch hat der als Pianist wie Organist äußerst begabte,
aber leider viel zu früh verstorbene Meisterschüler von
Franz Liszt keine geistliche Musik geschaffen. Seiner
Orgelsonate liegt das bereits bei Liszt zu beobachtende
Sujet des „Aufbäumen gegen die Unterdrücker des Volkes
Gottes“ zugrunde – ein Mitte des 19. Jahrhunderts
durchaus fortschrittlicher Ansatz. Der Einfluss von Liszt ist
auch kompositorisch zu erkennen, obwohl Reubke die
einzelnen Teile seiner Sonate deutlicher voneinander
abgrenzt, als sein Lehrer dies je tat.
Ursprung
Fast 50 Jahre nach Reubkes Komposition wurde in
Merseburg die zweite Sonate von Max Reger uraufgeführt,
die in München entstanden war. Rezensenten
bescheinigten ihm damals „technische Meisterschaft“,
konnten sich aber an der „dämonisch-dunklen Stimmung“
des Werkes nicht erwärmen. Reger war in der Tat dem
Kreis um Liszt musikalisch entwachsen. Er bezog sich auf
Bach, für ihn „Anfang und Ende aller Musik“.