Bereits zum zweiten Mal macht MDG hier in Zusammenarbeit mit der Stiftung Christoph Delz eine feine
Auswahl mit herausragenden Aufnahmen aus dem Schaffen des Schweizer Komponisten zugänglich,
darunter auch die „Kölner Messe“, Delz´ einzige elektronische Komposition, und „Solde Lecture d´aprés
Lautréamont“, eine komponierte „Lesung“ von Texten des Urvaters des Surrealismus. Eben typisch Delz:
Nicht zu verbissen, mit einem guten Schuss Ironie, Satire und Zynismus.
„Anton Weberns letzte Zigarre“
MDG veröffentlicht auf dem Label Audiomax eine zweite Werkschau des hochbegabten schweizer Komponisten Christoph Delz
Kann man Joyce vertonen? Christoph Delz hat sich dieser unmöglichen Aufgabe gestellt – mit aufregendem
Resultat: Seine „Joyce-Fantasie“ über das Sirenen-Kapitel aus dem „Ulysses“ transponiert die collagenhafte
und assoziationsgeladene Wortgewalt des Iren auf eine höhere Ebene, in der sich die unterschiedlichsten
musikalischen Stilistiken zu einem grandiosen Kaleidoskop künstlerischen Ausdrucks vereinen. Völlig
unpathetisch, dabei aber voll Witz und Ironie, genau wie in der literarischen Vorlage, treffen die Gegensätze
aufeinander – und machen die hier dokumentierte Uraufführung unter Mitwirkung des Komponisten zu einem
großartigen Erlebnis.
„Transkomposition“ war die bevorzugte Arbeitsweise von Christoph Delz. Zitate, Bruchstücke, eigene
Improvisationen, aber auch Geräusche und einzelne Klänge bilden das Ausgangsmaterial. In seinem
Nachlass fand sich eine kommentierte Sammlung mit besonderen Akkorden aus allen musikalischen
Epochen. In „ 2 Nocturnes“ finden sich viele dieser Akkorde wieder, aus dem Zusammenhang gerissen, neu
zusammengestellt, von fremder Wirkung und doch irgendwie vertraut.
„Anton Weberns letzte Zigarre“ lautet der Titel des ersten Nocturnes. Damit brachte er die selbsternannte
Avantgarde aus Darmstadt und Donaueschingen gleich mehrfach gegen sich auf. Nicht genug, dass er sich
allen Dogmen der „Neuen Musik“ widersetzte; das tragische Ende ihres Säulenheiligen, der beim Rauchen einer Zigarre von einem amerikanischen Besatzungssoldaten erschossen wurde, empfanden viele Kollegen
durch diese Art der Komposition verunglimpft.