Beziehungskiste
Drei Cellosonaten aus vier Jahrzehnten und
zugleich ein Spiegelbild der Leipziger Musikkultur
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Carl
Reinecke hat mit seinen Kompositionen
eindrucksvolle Beziehungen zu Robert
Schumann, Felix Mendelssohn-Bartholdy und
Johannes Brahms hergestellt und ist damit ein
wichtiges Bindeglied der Leipziger Traditionen.
Gerade erst entdeckt, wurden Reineckes
Cellosonaten durch den Cellisten Manuel
Fischer-Dieskau gemeinsam mit der kanadischen
Pianistin Connie Shih aufgenommen.
Gefühlswallung
Als junger Student war Reinecke nach Leipzig
gepilgert, seine erste Sonate schon im Gepäck.
Wie muss er sich gefühlt haben, als Schumann
sein Werk überschwänglich lobte und ihm
gleichzeitig riet, sich schleunigst aus dem
Schatten seiner Vorbilder zu befreien und weiter
am eigenen Stil zu feilen?
Gleichklang
Zwei Jahrzehnte später – Reinecke war längst
ein elementarer Bestandteil der Leipziger Szene
geworden – reifte seine zweite Sonate heran.
Wie sehr er der Tradition verhaftet war, hören wir
besonders im Mittelsatz von op. 89, in dem die
Erinnerung an Mendelssohn deutlich spürbar ist.
Auch Brahms meint man bereits herauszuhören,
auch wenn dieser Bezug in der dritten Sonate
aus Brahms’ Todesjahr 1897 weitaus deutlicher
wird. Kein Wunder: Reinecke und Brahms waren
freundschaftlich verbunden...
Cellissimo
Manuel Fischer-Dieskau ist mit dieser Einspielung
eine echte Wiederentdeckung gelungen.
Das Interesse des renommierten Cellisten an
besonderen Werken in kleiner Besetzung kommt
nicht von ungefähr: Der Sohn des legendären
Dietrich Fischer-Dieskau und der Cellisten
Irmgard Poppen ist künstlerischer Leiter eines
aufstrebenden Kunst- und Kammermusikfestes in
der Pfalz, bei dem diese Sonaten erstmals
wieder aufgeführt wurden. Eine ebenso
begeisternde wie wichtige Bereicherung der
romantischen Violoncello-Literatur.