Ruckstoß
Die CD ist eine Momentaufnahme des
Klangspektrums zeitgenössischer Gitarrenmusik.
Ausgangspunkt der hier erstmals eingespielten
Kompositionen sind die phantastischen Caprichos von
Francisco Goya (1799). Der Ausnahmegitarrist Jürgen
Ruck hatte die zündende Idee, die Karikaturensammlung
zahlreichen Komponisten vorzulegen.
Entladung
Goyas subversive Vorgehensweise, die sich in einer
kunstvollen Verwirrungsstrategie dokumentiert,
spiegelt sich in der überbordenden Phantasiewelt der
„bearbeitenden“ Komponisten: Das grotesk
Gespenstische erscheint in dem spöttischen
Kommentar Joachim Schneiders, in Brett Deans
virtuoser, ängstlich klangvoller Musik, in Detlef
Heusingers rätselhafter, mit verzauberten Klangeffekten
aufwartender Ballade cruelle, aber auch in
der Komposition Cathy Millikens, deren dumpfe
Gewaltentladung an den „Enthirnungsmarsch“ Bernd
Alois Zimmermanns erinnert.
Hebelgesetz
Sidney Corbetts musikalischer Kommentar zu Goya
ist eine Traummusik, die das Vibrieren seelischer
Vorgänge hörbar macht: Sein sueño spielt in den
höchsten Lagen der Gitarre (und damit zumindest
jenseits der spieltechnischen Vernunft), während
Christian Billians Inbezugnahme denkbar
bodenständig bleibt – politisch und humorvoll
zugleich: Die althergebrachte Klangfarbe der Gitarre
wird wortwörtlich „ausgehebelt“, denn alle Klänge
werden mithilfe eines zwischen Saiten und Griffbrett
eingespannten Plastikstabes hervorgebracht.
Saitensprung
Schon 1986 erhielt Jürgen Ruck den 1. Preis beim
Deutschen Musikwettbewerb, 1990 den
Kranichsteinpreis für die Interpretation Neuer Musik.
Als Solist spielte er mit dem Berliner
Philharmonischen Orchester, dem Ensemble
InterContemporaine Paris, der London Sinfonietta und
dem Ensemble Modern. Hans Werner Henze betraute
ihn mit der Uraufführung zweier neuer Kompositionen.
Die MDG-Einspielung dieser Werke erhielt den
Schallplattenpreis ECHO KLASSIK 2000.