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Mozartkenner wissen es längst - er hat mehr als nur Eine
Kleine Nachtmusik geschrieben. Um die high lights seiner
Kompositionen geht es in dieser Reihe nicht - eher schon
um das, was bei besagten Liebhabern und Fachleuten der
Mozartschen Musik wahlweise Stirnrunzeln, heiße
Diskussionen oder Augenzwinkern auslöst, nämlich um
Werke, deren Existenz und Echtheit noch nicht bekannt
oder umstritten sind - die Apokryphen des Köchel-
Verzeichnisses.
Kriminalistischer Ehrgeiz
Der Vorwurf, den sich Musikwissenschaftler gefallen lassen
müssen, sie beschäftigten sich vorrangig mit so
bedeutenden Dingen wie der Brennweite von Schuberts
Brille, braucht sich Dieter Klöcker nicht auszusetzen. Mit
eisernem Willen und großem Fachwissen spürt er seit 30
Jahren solchen Kompositionen Mozarts nach, die der
musikinteressierten Öffentlichkeit bisher unbekannt sind. Die
ersten Ergebnisse seiner Arbeit werden nun in Vol. 1
vorgestellt.
Ein schlampiger Buchbinder und ein hochtalentierter
Fälscher
Das Booklet liest sich wie ein Kriminalroman in drei Folgen:
Das Oktett F-Dur wurde bisher im Köchelverzeichnis nur als
Fragment geführt. Klöcker spürte die fehlenden Teile in Prag
auf und konnte nach rund 200 Jahren einen Buch
binder überführen, der die besagten Stücke wohl aus
Versehen in ein anderes Werk Mozarts eingebunden hat.
Das Es-Dur-Sextett wurde unter Mozarts Namen
veröffentlicht, fand jedoch keinen Eingang in das heilige
Köchel-Verzeichnis. Klöcker vermutet als echten Autoren
Ignaz Joseph Pleyel (was den geistigen Mundraub angeht,
ein Wiederholungstäter!). Schließlich ist das Oktett Es-Dur
eine bei Breitkopf & Härtel im Jahre 1801 unter dem Namen
Mozarts veröffentlichte Komposition, die Alfred Einstein "aus
dem Bauch heraus" nicht für Mozarts Werk hielt. Klöcker
lieferte in neueren Forschungen den Beweis, daß auch hier
der hochtalentierte Pleyel seine Hände im Spiel hatte.
In Gärten und Gassen
"Harmoniemusik", also freiluftgeblasene Musik, war der
Publikumsrenner genauso in hochherrschaftlichen
Schloßgärten wie in bürgerlichen Gastwirtschaften - die
Musikbox des 18. Jahrhunderts. Durch sie lernte man Musik
kennen und mitsummen. Das Consortium Classicum belebt
diese Tradition in virtuoser Manier und leuchtet mit dieser
CD-Reihe in einen Winkel der Musikgeschichte, der von
keiner Gesamtedition bisher entdeckt wurde.